Digitalisierung | 27.04.2017

Der Digitalisierungsgrad in der deutschen Unternehmenslandschaft

Marcel Bruder
von Marcel Bruder

Wer bei Google nach dem Begriff „Digitalisierung“ sucht, erhält rund 7,4 Millionen Ergebnisse. „Digitale Transformation“ liefert sogar circa 9,5 Millionen Treffer. Technische Innovationen erscheinen in einem rasanten Tempo und der Gebrauch mobiler Applikationen steigt ebenso. Eine Studie der Stanford-Universität über den Einfluss von Social Media auf die Lebenswelt der US-Amerikaner* ergab, dass sich heutzutage circa jedes fünfte Paar online kennengelernt hat.

Im wirtschaftlichen Kontext haben digitale Prozesse ebenfalls hohe Relevanz. Adidas beispielsweise hat einen Teil der Produktion ins fränkische Ansbach verlegt, wo nun Sportschuhe in einer Fabrik durch Roboter produziert werden. Dadurch benötigt Adidas mittlerweile nur noch einige wenige Beschäftigte zur Wartung der Geräte. Während zwischen der Bestellung und Lieferung der Schuhe einst mehrere Monate lagen, erlauben es digitale Prozesse mittlerweile, Bestellungen binnen weniger Stunden und zu produzieren.

Auf welche Art und in welchem Umfang widmen sich deutsche Unternehmen derzeit der Digitalisierung? Der folgende Artikel liefert einen Einblick in ebendiese Fragestellung. Sicher ist, dass es in vielen Bereichen noch Nachholbedarf gibt. Verschiedene Studien zeigen die Schwierigkeiten, mit denen viele Unternehmen derzeit im Zuge der digitalen Transformation konfrontiert sind.

Allgemeine Beobachtungen

Die digitale Transformation ist in der deutschen Unternehmenslandschaft bereits in vollem Gange. Die ausschlaggebenden Impulse liefert meist der Kunde oder der Wettbewerb: die digitale Transformation ist daher häufig hoch in der Agenda priorisiert.

Allerdings ist einer Studie des digital intelligence institute zufolge ein Change-Management-Programm zur digitalen Transformation nur in 17% der Fälle vorhanden. Ferner zeigte die Studie, dass der Wandel in der Regel nicht systematisch geplant und umgesetzt, sondern lediglich initiiert und dann sich selbst überlassen wird.

Was demnach häufig fehlt ist eine klare Strategie zur Digitalisierung. Dabei ist die Formulierung und Umsetzung einer digitalen Strategie ein wesentlicher Erfolgsfaktor für das Gelingen der Transformation. Einer Studie der Universität St. Gallen zufolge besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen der erfolgreichen Implementierung einer Digitalstrategie und „Digital Excellence“: Rund zwei Drittel der sog. „Digital Champions“ – gemeint sind hier Profiteure und aktive Gestalter der digitalen Transformation – haben eine entsprechende Strategie implementiert und mit der Umsetzung in die Praxis begonnen.

Für viele Unternehmen stellt es zudem ein schwieriges Unterfangen dar, die Balance zwischen einer herkömmlichen Ausrichtung des Geschäfts und neuen digitalen Ansätzen zu finden. Bei digitalen Ansätzen steht weniger das Produkt oder die Dienstleistung, sondern vielmehr der Kunde mit seinen vernetzten, serviceorientierten Erwartungen im Vordergrund. Momentan verharren dem digital intelligence institute zufolge viele Unternehmen noch in ihrem herkömmlichen Denken. Nichtsdestotrotz gilt es in diesem Zusammenhang zu betonen, dass kleine Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern meist positiver abschneiden, was die digitale Ausrichtung ihrer Unternehmensprozesse anbelangt. Sie sind häufiger risikobereit, besitzen eine offenere Fehlerkultur sowie eine größere digitale Affinität.

Branchenspezifische Unterschiede

Signifikante Unterschiede lassen sich allerdings nicht nur zwischen großen und kleineren Unternehmen feststellen. Diverse Studien, darunter zum Beispiel eine Studie der Universität St. Gallen aus dem Jahre 2015, zeigen, dass der branchenbezogene Umgang mit der Digitalisierung erhebliche Unterschiede aufweist. Vor allem Unternehmen aus der Informations- und Kommunikationsbranche gelten als Vorreiter, was die „digitale Reife“ betrifft.

Es gibt in diesem Kontext eine Vielzahl konkreter Beispiele: Es wird angenommen, dass in jedem vierten Unternehmen nach wie vor mit Papierdokumenten gearbeitet wird; die Nutzung digitaler und papierbasierter Arbeitsschritte verläuft also oftmals parallel. In Medienunternehmen und Unternehmen der IT- und Telekommunikationsbranche hingegen werden digitale Prozesse bereits überdurchschnittlich häufig den analogen Prozessen vorgezogen. Ein weiteres Beispiel ist, dass die Ausstattung der Mitarbeiter mit mobilen Endgeräten in vielen Branchen keine allzu große Bedeutung hat. Eine Ausnahme stellen abermals IT-Unternehmen dar, die ihre Arbeitsprozesse zunehmend mobil gestalten.

Dass ebendiese Unternehmen häufig besonders großen Wert auf die digitale Gestaltung ihrer Unternehmensprozesse legen, ist keine Überraschung. Schließlich basiert die Wettbewerbsfähigkeit in diesem Sektor in erster Linie auf digitalen Produkten und Geschäftsmodellen. Die größere Nähe zur Informationstechnologie ist zudem historisch entwickelt. Für Banken und Kreditinstitute beispielsweise gehören digitale Prozesse bereits seit Jahrzehnten zum alltäglichen Geschäft.

Aber dennoch: Obwohl die IT-Branche in vielen Fällen als Vorreiter gilt, bedeutet dies keinesfalls, dass deren Prozesse im Rahmen der digitalen Transformation nicht verbesserungswürdig sind.

Bredouillen traditionsreicher Unternehmen

Den Digitalisierungsgrad betreffend ist die deutsche Unternehmenslandschaft gewiss auf einem guten Weg. Nichtsdestotrotz gibt es in diversen Bereichen Nachholbedarf. Vor allem für traditionsreiche, fest in der deutschen Wirtschaft verankerte Unternehmen liegt die Schwierigkeit darin, die bestehende Kultur und damit einhergehende Strukturen zu transformieren.

Ebendiesen Schwierigkeiten steht derzeit das Versandhaus Otto gegenüber. Im Bereich digitale Kompetenz hat Otto vieles aufzuarbeiten; der Umschwung im Rahmen der Digitalisierung verändert nicht nur die Prozesse im Unternehmen, sondern ebenso das Denken und den Arbeitsalltag der Belegschaft. Der Digital Change bei Otto wird im nächsten Artikel tiefergehend beleuchtet. Dabei werden insbesondere konkrete Handlungsempfehlungen dargestellt, die sich für Otto als unabdingbar und besonders hilfreich erweisen.

* Aus Gründen der Leserlichkeit und Übersichtlichkeit werden im vorliegenden Artikel die männlichen Personenbezeichnungen verwendet. Dabei sind natürlich stets beide Geschlechter gemeint. 

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